Glockenbecher in Andernach (2019/05)
Bei den Untersuchungen des neu entdeckten Michelsberger Erdwerks aus der ersten Hälfte des 4. Jahrtausends v. Chr. in Andernach im Kreis Mayen-Koblenz (AiD 1/2019, 60) wurden außerdem die Überreste zweier Einzelgräber, beide wohl aus der Endphase der Jungsteinzeit, erfasst.
Unmittelbar am südwestlichen Rand des Erdwerks lag ein Kreisgraben, wohl die Einfassung eines Grabhügels mit knapp 17 m Durchmesser. Mit einer Breite von 0,5-0,8 m reichte der kreisförmige Umfassungsgraben nur noch etwa 0,3 m tief in den Untergrund. Bodenerosion und die jahrhundertelange ackerbauliche Nutzung hatten in dem Gelände bereits zu erheblichen Verlusten an alter Oberfläche geführt. Aus diesem Grund waren auch keine Spuren der einstigen Überhügelung und im Inneren der Kreisgrabenanlage keine Reste der Bestattung mehr vorhanden. Überlagert wurde der Kreisgraben von der Abfallgrube einer Siedlung aus der späten Bronzezeit (sog. Urnenfelderzeit, ca. 1100-750 v. Chr.), von der weitere Überreste in Form von Vorrats- und Abfallgruben vor allem im Süden der Grabungsfläche angetroffen wurden. Da aus der Verfüllung des Kreisgrabens kein datierbares Fundmaterial stammt, weist allein die während der Ausgrabung dokumentierte stratigraphische Abfolge der archäologischen Befunde auf eine endneolithische, eventuell auch früh- bis mittelbronzezeitliche Zeitstellung der Grabanlage hin.
Knapp 60 Meter südlich vom Kreisgraben entfernt lag das zweite Grab. Die annähernd rechteckige, von Nordosten nach Südwesten ausgerichtete, etwa 1,85 m x 1,30 m große Grabgrube reichte noch 0,30 m tief. Ob auch diese Bestattung ursprünglich von einem aufgeschütteten Grabhügel überdeckt war, lässt sich nicht mehr feststellen. Reste von Knochen hatten sich zwar nicht erhalten, als Grabbeigaben fanden sich auf der Grabsohle aber noch zwei Keramikgefäße. Sie zeigen die typische Form, Machart und Verzierung der endneolithischen Glockenbecher-Kultur (ca. 2400-2200 v. Chr.). Der hohe, reich verzierte Glockenbecher besteht aus feinem rötlichen Ton und lässt an manchen Stellen noch die frühere, glänzend geglättete und rotbraun bemalte Oberfläche erkennen. Seine von Doppellinien eingefassten, horizontalen Zierzonen sind mit drei- oder vierfachen Winkellinien, senkrechten Strichen und Kreuzschraffen ausgefüllt. Der zweite Becher ist grob gemagert und insgesamt weniger sorgfältig gearbeitet. Die umlaufenden Zierrillen und Muster aus doppelten Winkellinien oder Schrägkerben sind nur flüchtig eingeritzt. Dieser Becher wurde stehend im Grab angetroffen, weshalb sein Oberteil bereits dem Pflug zum Opfer gefallen war. Der andere Becher befand sich im Grab liegend, so dass er bei der Auffindung zwar vollkommen zerdrückt war, im Rahmen der Restaurierung aber wieder vollständig zusammengesetzt werden konnte.
Text: Cliff A. Jost, GDKE, Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz
Abbildungen: