Mobile Balkenwaage von Burganlage (2019/04)
Südwestlich der Ortschaft Mayschoß im Landkreis Ahrweiler liegt auf einem steilen Berggrat die mittelalterliche Burganlage „Saffenburg“. Die im 11. Jahrhundert erbaute, 260 m lange und 60 m breite Befestigung ist die größte Burganlage im Ahrtal.
Umfangreiche Geländebegehungen erbrachten zahlreiche spätantike und mittelalterliche Kleinfunde aus Keramik und Metall. Im Rahmen dieser systematischen Prospektionen fand der lizensierte Sondengänger Frank Riffel eine annähernd vollständig erhaltene Klappwaage aus Messing. Das Stück weist kaum Korrosionsspuren auf. Ein ehemals an der Zunge befestigter, zusammenklappbarer Waagbalken fehlt. Die Länge der Zunge beträgt 7,5 cm. Diese ist zudem an ihrer Basis an einer mit den Schenkelenden vernieteten Drehachse aufgehängt. Im Bereich der 9,8 cm langen und bis zu 2,6 cm breiten Gabel befindet sich eine flächige Kreisaugenverzierung. Eine halbkreisförmige sowie zwei rechteckige Aussparungen am unteren Ende der Gabelabschlussplatte dienten als Gleichgewichtsanzeiger der Zungenspitze. An der Oberseite ist in eine Durchlochung ein Ring eingehängt, hieran wurde eine kleinere Stange befestigt, die in einem Würfelkopf mit einfacher Punktverzierung und abgeschrägten Kanten endet. Dieser Abschluss bildet die Handhalterung der Klappwaage. Entsprechende Waagen gehören dem jüngsten Typ der in Mittel- und Nordeuropa verbreiteten Form an und können in das 12./13. Jahrhundert datiert werden. Klappwaagen waren im Mittelalter Bestandteil der Grundausstattung reisender Kaufleute. Der Klappmechanismus ermöglichte einen Transport der Waage auf engstem Raum und die Handhalterung machte einen ortsunabhängigen Einsatz möglich. Je nach Größe konnte hiermit etwa 50 bis 500g Silber abgewogen werden. Der Fund zeigt, dass auch Burganlagen von regionaler Bedeutung in den übergeordneten Handelsverkehr des Mittelalters eingebunden waren. Aufgrund einer Veränderung von Wechselsystem und Währungssituation im 13. Jahrhundert wurden die Klappwaagen jedoch nicht mehr benötigt.
Text: G. Heeren, GDKE, Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz
Abbildung: